Bescheidenheit ist eine Zier

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Demokratie braucht Austausch, Mobilität und Veränderung. Vielleicht fangen wir gleich mit der Kürzung der Amtszeiten von Politikerinnen und Politikern auf zwei Legislaturperioden an – hier im Bundestag.
© Kay Nietfeld/dpa

Die Korruption versetzt der Demokratie einen Stoß.

Einer meiner afrikanischen Studenten forscht zu den Folgen der Korruption in Afrika. Und recht hat er! Korruption ist ein großes Unglück, nicht nur für junge afrikanische Staaten, sondern in allen Ländern der Welt.

Wenn Sie Menschen fragen, wie zufrieden sie mit ihren Regierungen sind, dann ist Korruption, also der Missbrauch anvertrauter Macht zum privaten Vorteil, ein klarer Negativfaktor. Das jüngste Entsetzen über die Maskenaffäre im deutschen Bundestag und die erdrutschartigen Stimmenverluste bei der CDU sind nur folgerichtig. Gerade von Politikerinnen und Politikern, aber auch von Wirtschafts- oder Kirchenlenkenden verlangen wir Verantwortung und Einsatz für das Gemeinwohl.

Leider ist das Glück der Selbstbescheidung in den vergangenen wirtschaftsliberalen Dekaden, in denen man sich vor allem um das persönliche Wohlergehen sorgte, sehr in Vergessenheit geraten. Das rächt sich nun und versetzt gleich dem ganzen demokratischen Projekt einen Stoß.

Dabei ist es ein gutes Zeichen, wenn Korruptionsfälle aufgedeckt werden. Nur sollten die illegalen Machenschaften durch eine unabhängige Justiz, freie Medien oder eine engagierte Zivilgesellschaft zu Tage gefördert werden. Denn Korruptionsvorwürfe werden auch sehr gerne von den Herrschenden selbst erhoben, um sich lästiger oppositioneller Kräfte und anderer kritischer Stimmen zu entledigen. Das wirft Fragen auf und nährt den Verdacht des Missbrauchs.

Zudem sind die Übergänge zwischen Korruption und der geschickten Nutzung von Macht und Einfluss für größere, längerfristige Ziele fließend. Die ersten Unschuldsbekundungen von Nüßlein, Wölki und Co. mögen sich auch aus diesem fehlenden Unrechtsverständnis speisen. Aber wer kann das letztlich beurteilen? Die demokratische Gewaltenteilung mit ihren Kontrollorganen sollte einen Riegel vor Korruption und Machtmissbrauch schieben. Nur, wenn in den Ämtern die immer gleichen Menschen sitzen, dann bleiben Werte und Präferenzen einer diversen Bevölkerung außen vor.

Demokratie braucht Austausch, Mobilität und Veränderung. Vielleicht fangen wir gleich mit der Kürzung der Amtszeiten von Politikerinnen und Politikern auf zwei Legislaturperioden an. Bescheidenheit ist eine Zier und ein Anti-Korruptionsrezept. Glück auf!

Die Autorin ist Soziologin. Sie arbeitet an der Jacobs University in Bremen.